Dienstag, 21. Oktober 2008

Vortragszusammenfassung

Götzenbrucker Gerit und Köhl Margarita
“Ten Years Later: Online Gamers’ Social Networks, Integration and Lifestyles in Austria”

Der Vortrag stellte eine Langzeitstudie von 1998 bis 2008 vor, bei der nach der individuellen Spielerbiographie, der soziale Integration und Motivation von Spielern, die “Massively Multiplayer Online Role-Playing Games” (MMORPGs) spielen, geforscht wurde.
Obwohl es sich um ein sehr interessantes Thema handelt, gibt es in Österreich bislang wenig Vergleichsstudien. Eine Studie aus den USA zeigt jedoch, dass gerade ältere Spieler vermehrt an den sozialen Aspekten dieser Spielform interessiert sind.

Vor 10 Jahren (1998) wurden 40 Spieler mit unterschiedlichen Lifestyles interviewt, um einen tieferen Einblick in ihre Motivationen und Spielgewohnheiten (habits) zu erlangen. Für den theoretischen Rahmen wurden Theorien der Cultural Studies und diverse Medientheorien herangezogen, um die Struktur der Netzwerke (innerhalb der Spielercommunity) untersuchen zu können. Durch den Fokus auf das soziale Integrationspotential der MMORPGs wurde deutlich, dass die Spieler sehr kommunikativ und sozial vernetzt waren.

10 Jahre später (2008) versuchte man die ursprünglichen Probanden abermals zu befragen, um zu prüfen, ob sie noch immer die selben Spiele spielen und ob sich ihre Motivation geändert hat. Dabei konnten nur noch 15 Personen ausfindig gemacht werden, von denen nur mehr 2/3 diese MMORPGs spielten. Mit der verbliebenen Probandengruppe wurden qualitative Tiefeninterviews mit einem breitgestreuten Fragenspektrum (Karriere, Finanzen, Freundschaften, Mediennutzung, Motivation, Einstellung, etc.) durchgeführt, die zwischen 60 und 120 Minuten dauerten. Dabei lag der Forschungsschwerpunkt auf der Auswirkung von den MMORPGs auf die Identitätskonstruktion und Biographie, auf die soziale Integration und den sozialen Netzwerken in der Community.
Weiters wurde eine Ego Network Analyse durchgeführt, über die man den Grad der sozialen Integration und der sozialen Beziehungen feststellen kann.

Bei der Analyse der sozialen Netzwerke ergab sich folgendes: Die Netzwerke sind nach 10 Jahren nur noch lose gebunden und um 20% (von 17,2 zu 13,7 Freunde) gesunken, wobei sogar Ex-Spieler noch Freunde haben (von 12 auf 5 Freunde).

Bei der Motivation wurden 2 Gruppen differenziert:
1. Spieler, deren Motivation sich stark geändert hat aufgrund von biographischen Veränderungen (Ehe, Kinder, Beruf) und
2. Spieler, deren Motivation gleich geblieben ist und die als “powerplayer” gesehen werden wollen; die anhand eines “prozess of domestication” das Spiel weiter in ihr Leben integrieren.

Die typischen Phasen in der “Karriere” eines Spielers bestehen aus:
1. Phase of Introduction: in einer Einführungsphase hat das Spiel noch einen Neuigkeitseffekt und es werden verschiedene Spiele ausprobiert
2. Stage of intensifying focus: die „Mechanik“ des Spieles wird genauer betrachtet
3. Stage of social inclusion: die Vertrautheit mit den Regeln führt zu steigender Kooperation mit anderen Spielern
4. final stage: das Interesse nimmt ab und/oder man wendet sich anderen Spielen zu

Von den Forschern wurde schließlich eine Spielertypologie entwickelt, bei der vier verschiedene Typen differenziert wurden, die jedoch nicht immer streng zu trennen sind:
a) Communicative gamers: wollen Neues ausprobieren, lieben es, verschiedene Rollen zu spielen und wollen Kontakt zu anderen Spielern aufnehmen
b) Anarchists: beschweren sich über die Kommerzialisierung und wollen keine herkömmlichen Spieler mit geregelten Regeln sein, sondern wollen Risiken und Gefahr
c) Notorious gamers: sehen das Spiel als integrierter Bestandteil in ihre Leben und richten es darauf aus, d.h. es gibt Adaptionsstrategien und ein Interesse an den neuesten Technologien
d) Constructionists/Designers: sind an der Mechanik und der Technologie interessiert und wollen Spiele selber erfinden und designen

In der Abschlussdiskussion wurde gefragt, ob die technologische Avantgarde vor 10 Jahren auch noch im Jahr 2008 aufgeschlossen für neue Entwicklungen ist. Die Vortragenden waren der Meinung, dass sich viele noch als Avantgarden sehen, aber dies in engem Zusammenhang mit der oben genannten Spielertypologie steht. Während Anarchisten beispielsweise fortlaufend etwas Neues ausprobieren wollen, spielen die notorious gamers meist nur ein bestimmtes Spiel. Es wird jedoch mit Spannung auf die Ergebnisse in 10 Jahren gewartet.
Die abschließende Frage bezog sich auf die Größe der verschiedenen Typengruppen. Hierbei wurden die Anarchisten als die kleinste Gruppe vor den notorious gamers genannt und die größte Gruppe als die communicative gamers deklariert. Diese Ergebnisse gleichen denen von 1998. Die Referenten möchten in einem nächsten Schritt eine weiterführende Studie zu der Spielertypologie durchführen bzw. anregen.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Vortragszusammenfassung
Götzenbrucker Gerit und Köhl Margarita “Ten Years...
AMB - 21. Okt, 13:17

Links

Suche

 

Status

Online seit 5665 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 21. Okt, 13:17

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren